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Bibliothekswesen und Bibliographie

 

Totok/Weitzel: Handbuch der bibliographischen Nachschlagewerke
von Uwe Jochum
 

      Wilhelm Totok (*1921)
      Wilhelm Totok (1921–
2017) © Photo Lill, Hannover

Zu den bibliothekarischen Hinterlassenschaften des Nationalsozialismus gehört neben den vielen zerstörten Bibliotheken auch eine zerstörte Bibliotheksinfrastruktur, die jede Bibliothek zunächst auf die eigenen Bestände zurückwarf. Eine thematische Recherche, die sich nicht mit dem begnügen wollte, was der Sachkatalog der jeweiligen Bibliothek verzeichnete, musste sich daher auf die Bibliographien verlagern, die unabhängig vom Bibliotheksbestand nachwiesen, was in einem bestimmten Fachgebiet oder Land erschienen war. Dazu musste man freilich wissen, welche Bibliographien bei welchen Fragen heranzuziehen waren, und das ging kaum ohne ein Kompendium, das solche bibliographischen Kenntnisse vermittelte. Genau diese Vermittlung leistete in vorbildlicher Weise das im Jahr 1954 im Verlag Vittorio Klostermann erschienene Handbuch der bibliographischen Nachschlagewerke von Wilhelm Totok und Rolf Weitzel.

Vorbildlich war der Totok/Weitzel, wie das Werk alsbald abkürzend genannt wurde, aus zwei Gründen: Erstens beruhten seine Eintragungen auf Autopsie, wodurch es konkurrierenden deutschsprachigen Werken wie der Bibliographie der Bibliographien von Bohatta und Hodes überlegen war. Zweitens aber verlor es sich nicht in der Unendlichkeit bibliographischer Nachweise, sondern bot mit rund 1800 Einträgen den "Codex der Grundbibliographien aller Gebiete" (Joris Vorstius), der durch die knappen Kommentare zu den vorgestellten Bibliographien eine rasche Orientierung ermöglichte.

Wie sehr der Totok/Weitzel damit einem manifesten Bedürfnis entgegenkam, zeigt die Tatsache, dass das Werk bis heute sechs Auflagen erlebt hat, freilich unter ständiger Vermehrung des Inhalts und steter Umarbeitung, die schon in der dritten Auflage (1966) mit Karl-Heinz Weimann einen weiteren Mitarbeiter nötig machte und seit der vierten Auflage (1972) einem ganzen Bearbeiterstab Arbeit verschaffte. Dabei ist jedoch kaum zu fürchten, dass die enorme Verbesserung der bibliographischen Situation seit den sechziger Jahren den Totok/Weitzel überflüssig werden läßt. Denn so wie einst der Mangel an bibliographischen Nachweisen den Totok/Weitzel zu einem notwendigen Hilfsmittel machte, so ist es heute der Informationsüberfluss, der nach einer qualitativen Filterung verlangt, die der Totok/Weitzel dank seiner verlässlichen, weil von menschlichen Individuen überprüften, Informationen bietet.

 

 

H. W. Eppelsheimer <<<     >>> ZfBB

 

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