Literarische Aneignungen einer frühneuzeitlichen Institution
Hrsg. von Joachim Harst und Christian Meierhofer
2018. IV, 212 Seiten. Kt 54,00 €
ISBN 978-3-465-04307-2
Zeitsprünge. Forschungen zur Frühen Neuzeit Band 22, Heft 1/2
Auch als erhältlich
Bis in die Frühe Neuzeit ist die Ehe europaweit diejenige Institution, an der nicht weniger als die göttliche Organisation menschlichen Zusammenlebens abgelesen werden kann. Aber spätestens mit Luthers volkssprachlichem Traktat Von Ehesachen gilt die Ehe ebenso als 'öffentlicher Stand' und insofern als mikrologischer Ausweis eines makrologisch gedachten Ordnungsmodells, dessen Einfluss auf die Literaturgeschichte noch immer nicht voll erschlossen ist. Das Schwerpunktheft versteht sich als perspektivische Ergänzung zu den in der Mediävistik und der Kultur- und Sozialgeschichte etablierten Forschungsdiskussionen. Aus komparatistischer, neuphilologischer und neugermanistischer Sicht werden sowohl kanonische als auch lange vernachlässigte Texte in den Blick genommen. Die Beiträge fragen nach den spezifischen Leistungen der Literatur, den literarischen Aneignungsmodalitäten innerhalb eines historisch äußerst voraussetzungsreichen Gefüges. Die historische und systematische Breite der hier versammelten Fallstudien soll einen Eindruck davon vermitteln, welche wissensgeschichtlichen Verflechtungen die Ehe besonders zwischen Literatur, Theologie und Rechtslehre erzeugt und welche Dynamiken sich daraus vom 15. bis zum frühen 18. Jahrhundert in den europäischen Kulturen ergeben.
Until the early modern period, marriage is the only institution in Europe which allows for the deciphering of nothing less than the divine organization of human coexistence. But ever since Luther's vernacular treatise Von Ehesachen ("On Marriage"), marriage has been regarded as a "public estate" of matrimonial matters and, to that extent, as a micro-logical testimonial of a macro-rational model of order whose influence on the history of literature is still not fully developed. This volume offers comparative and neo-philological perspectives on both canonical and long-neglected texts supplementing research discussions established in medieval studies as well as in studies in cultural and social history. The historical and systematic scope of the case studies collected here is intended to give an impression of the complex interlocking the institute of marriage generates between literature, theology, and legal doctrine, and the dynamics that have developed in European cultures from the fifteenth to the early eighteenth centuries.