Stroemfeld / Wallstein / Klostermann
Elf Bände der Historisch-Kritischen Kafka-Ausgabe (FKA) mit insgesamt annähernd 6.000 Seiten sowie sieben kommentierte Nachdrucke von Kafka-Erstausgaben haben Roland Reuß und Peter Staengle bislang vorgelegt; von 1995 bis 2018 im Stroemfeld-Verlag und, nach dessen Ende, ab 2020 im Wallstein-Verlag. Anfang März dieses Jahres hat der Verlag Vittorio Klostermann die lieferbaren Bände übernommen. Die Oxforder Quarthefte 7 & 8 werden im Juni 2024 erscheinen.
Genaue Edition der Handschriften
Die FKA folgt streng der Form der Überlieferung und enthält sich jeden Eingriffs in den Wortlaut der Manuskripte; alle schriftlichen Eintragungen der im Vollfaksimile wiedergegebenen Originale werden mit standgenauer Transkription exakt mitgeteilt. Die Repräsentation der ausgeprägten Handschrift Kafkas, die Transparenz des editorischen Verfahrens sowie die Übersichtlichkeit von Textgestaltung und buchtechnischer Ausstattung bieten dem wissenschaftlichen Studium stabile Grundlagen und kommen zugleich den Ansprüchen des literarisch interessierten Publikums entgegen. Zudem dienen die Faksimiles der konservatorischen Sicherung sämtlicher überlieferter Originalhandschriften und -typoskripte.
Eine Beispiel-Seite aus dem Quartheft 8 ("Ich elender Mensch!") als Faksimile und in Transkription. (c) The Bodleian Library, University of Oxford, 2024
Die FKA stellt die Entstehung des Kafkaschen Werkes en detail und ohne Filterung dar. Sie eröffnet dadurch die Möglichkeit, die gerade bei Kafka zentrale Bedeutung der Textentstehung analytisch zu durchdringen und für die Erforschung des Schreibprozesses zu öffnen. Im Gegensatz zu Max Brod und den in seiner Nachfolge entstandenen Ausgaben konstruiert die FKA keinen definitiven Lesetext, bei dem alles, was im Arbeitsprozess Kafkas mit anfiel, in textkritische Apparate und Emendationslisten ausgelagert wird, als wäre es Schlacke eines großangelegten Schreibexperiments. Diese Arbeitsweise der bisherigen Ausgaben verdeckt, dass von Kafka Abgeschlossenes in seinen Manuskripten eher die Ausnahme darstellt.
Würdigungen der Ausgabe
Die mit dem Erscheinen der FKA etablierte Edition und das ihr zugrunde liegende editorische Konzept sind seit Beginn im In- und Ausland nachdrücklich gewürdigt worden. »For the first time, we can now read Kafka as he actually wrote«, urteilte Times Literary Supplement, und Harold Bloom schrieb: »I do not see how the quality of the facsimiles could be improved, nor could the editorial care and skill be bettered.« – Übersetzungen nach der FKA ins Französische, Italienische und Japanische liegen in Buchausgaben vor.
Die Herausgeber
Roland Reuß ist Professor für deutsche Philologie an der Universität Heidelberg, wo er den Masterstudiengang „Editionswissenschaft und Textkritik“ aufbaute. Peter Staengle ist Germanist und Mitbegründer des „Instituts für Textkritik e.V.“.
Die lieferbaren Bände der FKA:
Oxforder Quarthefte 7 & 8 (erscheinen 30.6.2024)
Kafka-Kurier:
Faksimilie-Einzelausgaben (Publikationen des Instituts für Textkritik, Heidelberg):