Die Produktion juristischer Bücher an italienischen und französischen Universitäten des 13. und 14. Jahrhunderts
Übersetzt von Gisela Hillner
2002. XII, 542 Seiten. Ln € 78.-
ISBN 978-3-465-03184-0
Ius Commune Sonderheft 150
Die umfangreiche Produktion juristischer Handschriften, die zwischen 1250 und 1350 in den Universitätsstädten stattgefunden und die Verbreitung des gelehrten Rechts in großen Teilen Europas möglich gemacht hat, ist bedingt durch das in Bologna entstandene Peciensystem. Diese Art, Bücher zu produzieren, hat folgendermaßen funktioniert: Die in den Universitätsstädten arbeitenden Berufsschreiber benutzten als Vorlagen "exemplaria", die aus losen, nicht gebundenen und nummerierten Lagen bestanden, den sog. Pecien, die man bei den unter der Aufsicht der Universität stehenden Stationaren erhielt. Wesentlich für das Peciensystem war, dass ein Schreiber jeweils nur eine einzige Pecia erhielt, für deren Kopieren er eine Woche Zeit hatte, um sie dann einzutauschen gegen die folgende. So konnten mehrere Schreiber gleichzeitig dasselbe "exemplar" benutzen, was die Handschriftenproduktion in erheblichem Maße gefördert hat.
Der Autor zeigt, dass der größte Teil der Handschriften mit den Legaltexten und Apparaten beider gelehrter Rechte auf diese Art hergestellt worden ist. Die Universität beaufsichtigte die Zuverlässigkeit des Textes der "exemplaria", eine Kontrolle, die in der Praxis indessen kaum Wirkung gezeigt hat. Die Texte universitärer Handschriften sind nicht selten reichlich verdorben. Auch zahlreiche andere Eigenarten der Überlieferung dieser Texte sind durch diese Produktionsart zu erklären.
Die universitäre Buchproduktion ist ein Teil der Geschichte der mittelalterlichen Wissenschaft, der Universität und auch des Buchwesens, die enger miteinander verbunden sind, als man gemeinhin annimmt. Die bisherigen Studien zum Peciensystem bezogen sich in der Regel auf Handschriften mit theologischen Texten, die zumeist in Paris hergestellt wurden. Dagegen hat die Produktion des juristischen Buches, die vor allem an den norditalienischen (aber daneben auch an den französischen) Universitäten stattfand, kaum Beachtung gefunden.