Band 2: Von der Ehre zum Anspruch
2002. XIV, 758 Seiten. Ln € 118.-
ISBN 978-3-465-03185-7
Studien zur europäischen Rechtsgeschichte Band 151
Das bisherige Schrifttum zur Entstehung der Arbeitsgerichtsbarkeit und des Arbeitsrechts im 19. Jahrhundert hat sich auf das staatlich/obrigkeitlich gesetzte Recht konzentriert. Dabei wurde die unabhängig von einem (staatlichen) Gesetzgeber in Handwerk und Gewerbe entwickelte ständische/genossenschaftliche Sonderrechtsordnung vernachlässigt. Der nunmehr vorgelegte zweite Band der Untersuchungen zur Entstehung der Arbeitsgerichtsbarkeit in Deutschland zeichnet den Weg einer Institution nach, die sich zu großen Teilen auf dieses Sonderrecht stützte und in ihren Anfängen noch stark vom überkommenen ständischen Ehrbegriff geprägt war. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelten sich die "Fabriken- und Gewerbegerichte" unter dem Einfluß der Industrialisierung zum Vorläufer der heutigen Arbeitsgerichte.
Im Rheinland waren diese Sondergerichte, die aus dem napoleonischen Frankreich gleichsam re-importiert worden waren, besonders erfolgreich. Die preußische Justiz und Verwaltung ließen allerdings der mit dem Wiener Kongreß zugefallenen und widerwillig ertragenen Erbschaft keinen Spielraum zur Entwicklung. Die vorenthaltene Beteiligung der Arbeitnehmer wie auch die fehlende Mitwirkung der Wissenschaft machten schließlich die rheinische Gewerbegerichtsbarkeit zu einem Fossil aus der Epoche der dezentral organisierten Produktion. Es überlebte aber gleichwohl in der Form des kapitalistischen Honoratiorenvereins, weil bei der Abstinenz des Gesetzgebers keine andere zugelassene Institution in der Lage war, wirkungsvoll eine Arbeitsverfassung zu garantieren. Fern aller Theorie wurde so mit dem entsagungsvollen Einsatz weniger Unternehmer und "Werkmeister" der Gedanke eines rechtlich fixierten Ausgleichs von Kapital und Arbeit in eine andere Welt hinübergerettet.