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Das philosophische Programm

 

Friedrich Georg Jünger (1898–1977)
von Siegfried Blasche


 
   Friedrich Georg Jünger (1898–1977)
    Friedrich Georg Jünger (1898–1977)
© privat
     

Nach dem Krieg musste für jeden Autor dessen politische Unbedenklichkeit durch den Nachweis des Entnazifizierungsverfahrens erbracht werden. Bei Friedrich Georg Jünger, in den zwanziger Jahren bekannt wegen seiner national-konservativen Haltung, damals Ernst Niekisch verbunden, bedurfte es umfänglicher, vom Verlag eingebrachter gutachterlicher Stellungnahmen, etwa durch Hanns W. Eppelsheimer – z.B. des Hinweises, dass Jünger nicht der Reichsschrifttumskammer angehört hatte –, bis der Veröffentlichung seiner Werke zugestimmt wurde. Es war nicht leicht, den Behörden nach 1945 inexplizite Widerstandshaltungen während der Nazizeit zu verdeutlichen, wie sie etwa in dem berühmten Gedicht Friedrich Georg Jüngers Der Mohn und in seinem Buch Die Perfektion der Technik enthalten sind.

Friedrich Georg Jünger hatte sein wichtigstes Buch Die Perfektion der Technik im Manuskript im Jahr 1939 abgeschlossen. Der Satz dieses Buches wurde bei einem Bombenangriff auf Hamburg im August 1942 vernichtet, die bei Rombach in Freiburg i.Br. gedruckte Auflage dann wiederum bei dem Bombenangriff auf diese Stadt. Unmittelbar nach Kriegsende betrieb Klostermann die Veröffentlichung der Schrift, und zwar gleich in einer Auflage von fünftausend Exemplaren.

 

Vittorio Klostermann (1901–1977) und Friedrich Georg Juenger (1898–1977)     
Vittorio Klostermann (1901–1977) und Friedrich Georg Jünger (1898–1977) auf der Birnau: Aufnahme von 1955
© privat
   

Die Perfektion der Technik, mittlerweile in der siebenten Auflage erschienen, ist wider den Geist der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts ein technikkritisches Buch. Es steht in dieser Tendenz, die sich im Übrigen auch von der positiven Technikbewertung des im Jahr 1932 erschienenen geschichtsphilosophischen Werks Der Arbeiter seines Bruders Ernst Jünger abhebt, in einer großen Nähe zu Heideggers bereits Ende der dreißiger Jahre formulierten, dann aber ebenfalls erst später veröffentlichten Bewertung der modernen Technik. In der Analyse aber folgen beide wesentlich den Überlegungen Ernst Jüngers zur die überkommenen Lebensformen vernichtenden "Mobilisierung" aller Kräfte durch die Technik. Friedrich Georg Jünger weist in seinem Buch darauf hin, dass der rationale und schließlich global-totalisierende Einsatz der technischen Mittel irrationale Folgen zeitigt, den Raubbau an der Natur ebenso wie den an genuinen menschlichen Qualitäten. Für die Zeit, in der es geschrieben wurde, war der Hinweis auf die desaströsen Folgen der "totalen Mobilmachung" und des "totalen Krieges" überaus hellsichtig und zugleich mutig. Die These, dass der technische Progress zugleich eine menschliche Regression (homo crepitans) bedeutet, dass er die Wirtschaft und die Politik gleichermaßen vernichtet, hätte den Autor und den Verlag, wäre das Buch tatsächlich während des Krieges erschienen, überaus gefährdet. So aber konnte dieses Buch für diejenigen, die sich in späteren Jahrzehnten einer konservativ geprägten ökologischen Technikkritik verschrieben, zu einer ihrer wichtigsten Quellen werden.

 

 

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