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Das philosophische Programm

 

Wissenschaftliche Reihen
von Siegfried Blasche


Im Laufe der dreißiger und vierziger Jahre wurden mehrere Reihen aufgelegt, die teilweise unter der Herausgeberschaft besonders wichtiger Autoren des Verlages standen. Herbert Schöffler gab Forschungen zur Geschichte europäischen Geisteslebens unter dem Titel Das Abendland heraus, in der aus heutiger Sicht Hugo Friedrichs 1942 erschienenes Buch Die Rechtsmetaphysik der Göttlichen Komödie. Francesca da Rimini hervorzuheben ist. Seit 1935 gab es die Reihe der Philosophischen Abhandlungen, seit 1939 Frankfurter wissenschaftliche Beiträge in Form jeweils einer kulturwissenschaftlichen, einer naturwissenschaftlich-medizinischen und einer rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Reihe. Besonders umfangreich waren die unter der Herausgeberschaft von Walter F. Otto stehenden Frankfurter Studien zur Religion und Kultur der Antike, in der u.a. sein Schüler Franz Altheim, später ein Hauptautor des Verlages, seine ersten größeren Arbeiten zu den Epochen der römischen Geschichte (1934/35) veröffentlichte. In dieser Reihe finden sich auch Ottos Dionysos. Mythos und Kultus (1933), Kurt Riezlers Parmenides (1934) sowie Karl Kerényis Dionysos und das Tragische in der Antigone (1935).

In einer Konzession an den Zeitgeist und durch die Stadt Frankfurt am Main gewünscht und gefördert wurde eine größere Reihe Großdeutsche Schriften geplant, von der aber schließlich nur drei Titel erschienen sind, so etwa das Buch Paul Wentzckes über die Hoheitszeichen und Farben des Reiches (1939).

Es war während der Jahre des Krieges zunehmend schwieriger geworden, Anträge auf Papierzuteilung bewilligt zu bekommen. Über kurz oder lang wäre das Überleben des Verlages gefährdet gewesen. So entstand die Idee, Reihen mit Heften von kleineren Schriften berühmter deutscher Autoren der Vergangenheit als Lesehefte für Studierende bei der Wehrmacht aufzulegen, die aufgrund ihres Adressatenkreises sowohl mit einer Papierzuteilung rechnen konnten als auch einen entsprechenden Absatz garantierten. Und in der Tat: Von vielen Institutionen, etwa den juristischen Fakultäten von Graz, Frankfurt am Main, Königsberg und Wien, die ihre zur Wehrmacht eingezogenen Studenten weiterbetreuten, sowie von der allgemeinen Wehrbetreuung wurden diese Hefte, die in Auflagen von jeweils mehreren tausend Exemplaren gedruckt wurden, in großen, oft nicht befriedigbaren Mengen erbeten. Selbst aus der amerikanischen Gefangenschaft ergingen Anforderungen.

Der Jurist Erik Wolf war der Herausgeber einer Reihe Deutsches Rechtsdenken mit Schriften von Althusius, v. Feuerbach, Pufendorf, v. Savigny, v. Stein u.a.; der Volkswirtschaftler August Skalweit zeichnete für die Reihe Wegbereiter deutscher Volkswirtschaftslehre verantwortlich, in der Texte von Bücher, List, v. Schmoller, Wagner u.a. erschienen. Hans-Georg Gadamer plante Philosophische Lesehefte für Studierende bei der Wehrmacht und gewann als Bearbeiter Walter Bröcker, Julius Ebbinghaus, Gerhard Krüger, Herman Nohl, Karl-Heinz Volkmann-Schluck u.a. Diese Reihe aber, ebenso wie die in gleicher Zielsetzung mit Baeumler geplante Reihe Deutsche Erzieher, kam nicht mehr zu Stande. Gleich nach dem Krieg (1946–48) konnten aber drei der geplanten Titel, nun als Philosophische Texte, erscheinen: Wilhelm Dilthey, Die Philosophie des Lebens. Eine Auswahl aus seinen Schriften. 1867–1910 (Hrsg. Herman Nohl), Immanuel Kant, Über den Gemeinspruch "Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis." 1793 (Hrsg. Julius Ebbinghaus) und Aristoteles, Metaphysik XII. Text griechisch-deutsch (Übersetzung und Kommentar von Hans-Georg Gadamer). Die nächsten Auflagen der Schriften von Aristoteles und Kant erschienen dann in anderen Reihen des Verlages. Die juristische und die volkswirtschaftliche Reihe blieben mit anderem Obertitel nach dem Krieg Teil des Verlagsprogramms, und es wurden weitere Titel hinzugenommen. Die von Erik Wolf herausgegebene Reihe umfasste schließlich sechzehn, die von August Skalweit betreute Folge vierzehn Titel.

 

 

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