Makoschey, Klaus: Quellenkritische Untersuchungen zum Spätwerk Thomas Manns"Joseph, der Ernährer", "Das Gesetz", "Der Erwählte"
Beide Werke werden unter Verwendung von Thomas Manns Nachlaß auf breiter quellenkritischer Basis analysiert. Thomas Manns Arbeitsnotizen zum Gesetz werden hier erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Auf der Grundlage dieser Edition ist die Novelle nunmehr genauer interpretierbar als gewagte Verschmelzung von Künstlerproblematik und politischer Parabel: Thomas Manns Mose ist zugleich ein diktatorischer Visionär und ein Bildhauer mit Zügen Michelangelos. Die Formung der marmornen Gesetzestafeln zum einzigartigen Kunstwerk dient als Metapher des durchaus ambivalent gesehenen Zivilisationsprozesses seines auserwählten Volkes. Dagegen ist Papst Gregor, der Erwählte, wieder ein märchenhaft guter Diktator wie Joseph. Thomas Mann erzählt Hartmanns von Aue Epos vom "guten Sünder" Gregorius auf dem Hintergrund eines sprachlich evozierten christlichen Mittelalters humoristisch als Ödipus-Geschichte, indem er das inzestuöse Paar Gregor/Sibylla zwischen Ödipus/Jokaste und Christus/Madonna changieren läßt. Wie weitreichend der Ödipus-Horizont des Romans einerseits bis in sprachlich feinste Nuancen die Kulturpsychologie Sigmund Freuds einschließt, andererseits aber auch der Tragödie des Sophokles verpflichtet ist, deckt erstmals diese Untersuchung auf.
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