Heidegger, Martin: Zur Auslegung von Nietzsches II. Unzeitgemässer Betrachtung(Ausgabe: Leinen)"Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben"
Allein – das ist die Grundfrage, die Heidegger daraufhin stellt: Läßt sich die Historie in dieser Weise mit dem Leben als solchem verrechnen? Wer oder was ist denn der Mensch? Ist er – wie Nietzsche später sagt – das "noch nicht festgestellte Tier", das sein Leben mittels der verschiedenen Arten der Historie (der monumentalischen, antiquarischen, kritischen) sowohl steigern und erhöhen als auch schwächen kann? Oder ist er nicht vielmehr dasjenige Seiende, das sich durch Erinnern und Vergessen zum Leben "verhält", gerade weil er nicht (nur) als animal rationale ein auf grenzenlose Macht- und Lebenssteigerung ausseiendes "Raubtier" ist, sondern ein Wesen, das inständig in der Wahrheit des Seins steht, und worin das "Leben" in seiner Mehrdeutigkeit als Welt, Mensch, Natur, d.h. als "Seiendes im Ganzen" allererst geschichtlich erschlossen wird? Diese Frage ist, wie Heidegger andeutet, nicht zuletzt für die seinsgeschichtliche Auseinandersetzung mit dem "Willen zur Macht" des späten Nietzsche von zentraler Bedeutung.
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