Gehlen, Arnold: Moral und Hypermoral

und weitere Schriften zur Ethik und Religion
Hrsg. von Lothar Samson
2025. VIII, 710 Seiten. Ln 139,00 €
ISBN 978-3-465-03872-6
Arnold Gehlen Gesamtausgabe 8


Dieser Band vereint Gehlens Beiträge zur pluralistischen Ethik, die zwischen 1952 und 1975 entstanden und aus Sicht der Ethik die Fragen des Menschen nach sich selbst zu beantworten suchen.

Im Mittelpunkt steht das Werk Moral und Hypermoral, in dem Gehlen als anthropologischer Soziologe seine Theorie eines ethischen Pluralismus wissenschaftlich und historisch begründet. Seine pluralistische Pflicht- und Sozialethik unterscheidet verschiedene Letztinstanzen, die als instinktive, einander widerstreitende Antriebe verstanden werden und als Sozialregulationen das menschliche Verhalten in der Gesellschaft prägen. Aufgrund der Instabilität und Plastizität menschlicher Triebstrukturen neigen die Ethiken in gesellschaftlichen Umbruchsphasen dazu, sich zu absolutieren und als «reine Moral» maßlos zu werden. In den westlichen Industriegesellschaften diagnostiziert Gehlen eine «Moralhypertrophie», in der Masseneudaimonismus (Wohlstandsethik) und Humanitarismus (Pflicht zur allgemeinen Menschenliebe) die Institutionen als die tragenden Gebilde der Kultur untergraben. Als notwendiges Gegengewicht sieht Gehlen die Rolle der Institution des Staates, der mit seinem Ethos für innere und äußere Sicherheit sorgt

Die mit seiner Ethik eng verbundenen zeit- und moralkritischen Analysen richten sich vor allem gegen die amerikanisch-europäische Lebensform und den Herrschaftsanspruch einer universalistischen Moral, als deren Trägerschicht Gehlen die Intellektuellen ansieht. Problematisch erscheint ihm auch der Spätkapitalismus, den er bereits in den 30er Jahren kritisierte, da er den modernen Individualismus und Subjektivismus verstärkt und die haltgebenden Institutionen aushöhlt. Schließlich sieht er die rücksichtslose Ausbeutung der Natur als Existenzbedrohung und plädiert für Naturschutz als Staatsaufgabe.

In den ethischen Schriften ist die Religion, die Gehlen zu den übersubjektiven Werten zählt, ein weiteres wichtiges Thema. Bereits in seinen frühen philosophischen Werken hat Gehlen sich mit der Ethik, die er schon damals pluralistisch verstand, und mit Fragen der Religion auseinandergesetzt. Ausgehend von der Religionsphilosophie des deutschen Idealismus (Kant, Fichte, Hegel) versucht Gehlen, der sich selbst nicht als religiös verstand, die Natur des Menschen und seine Stellung in der Welt zu bestimmen.

Seine Ethik und Moralkritik kennzeichnen Gehlen als konservativen und eigenständigen Philosophen und Intellektuellen, der sich gängigen politischen Einordnungen entzieht.


This volume collects Gehlen's contributions to pluralistic ethics written between 1952 and 1975 which seek to answer the questions of man about himself from the perspective of ethics.

At the centre of this volume is the seminal essay Moral und Hypermoral, in which Gehlen, as an anthropological sociologist, scientifically and historically substantiates his theory of ethical pluralism. His pluralistic ethics of duty and social ethics distinguishes between different ultimate instances, which are understood as instinctive, conflicting drives and, as social regulations, shape human behaviour in society. Due to the instability and plasticity of human instinctual structures, ethics tend to become absolute in phases of social upheaval and eventually immoderate as ‘pure morality’. In Western industrialised societies, Gehlen diagnoses a ‘moral hypertrophy’ in which mass eudaimonism (ethics of prosperity) and humanitarianism (duty of universal philanthropy) undermine the institutions as the supporting structures of culture. Gehlen sees the role of the institution of the state as a necessary counterweight, which ensures internal and external security with its ethos.

His analyses, closely linked to his ethics, are critical of the times and morals, primarily directed against the contemporary American-European way of life and the claim to power of a universalist morality which Gehlen sees as being supported by the majority of intellectuals. Late capitalism, which he had criticised as early as the 1930s, also appeared problematic to him, as it reinforces modern individualism and subjectivism and undermines the institutions that provide stability. Finally, he sees the ruthless exploitation of nature as a threat to our existence and argues in favour of nature conservation as a state task.

Religion, which Gehlen counted as a supra-subjective value, is another important topic in his ethical writings. Even in his early philosophical works, Gehlen dealt with ethics, which he already then understood as pluralistic, and with questions of religion. Based on the philosophy of religion voiced by German idealism (Kant, Fichte, Hegel), Gehlen, who did not see himself as religious, attempted to determine the nature of man and his position in the world.

His ethics and moral criticism characterise Gehlen as a conservative and independent philosopher and intellectual who defies conventional political classifications.


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